Geschichte
Vor 675 Jahren wurde die Gemeinde des Zwischenkokelgebiets erstmals urkundlich erwähnt.
Die im Zwischenkokelgebiet – in unserem Schrifttum auch „siebenbürgisches Mesopotamien“ genannt – liegende Gemeinde Zuckmantel wird urkundlich erstmals im Jahre 1325 genannt. Das Dorf ist natürlich früher gegründet worden, es dürfte etwa 75 Jahre älter als die erste urkundliche Erwähnung sein. Das Zwischenkokelgebiet ist wahrscheinlich bis um die Mitte des 13. Jahrhunderts mit deutschen Kolonisten besiedelt worden. Die Ansiedlung erfolgte aber hier nicht auf freiem Königsboden sondern auf Adels- bzw. Komitatsboden.
Die Zuckmantler Sachsen waren somit nicht freie Bauern sondern Untertanen meist ungarischer Adliger. Ihre rechtliche Lage unterschied sich dennoch von derjenigen der übrigen, in Sonderheit der rumänischen und ungarischen Hörigen (Jobagen) durch einige Sonderrechte. Hätten die Grundherren den sächsischen Kolonisten diese nicht zugestanden, hätten sich die Siedler nicht auf deren Gütern niedergelassen.
Die Gemeinde besaß dementsprechend weitgehende Verwaltungs- und Gerichtsautonomie. Die niedrige Gerichtsbarkeit stand also nicht dem Grundherren zu, sondern dem von der Dorfgemeinschaft gewählten Hann und den Geschworenen, wobei die Berufung an den Stadtmagistrat von Schäßburg und nicht wie sonst auf Adelsboden an die Komitatsgerichte erfolgte. Die Siedler hatten zudem das recht auf freie Wahl des Pfarrers, an den die Gläubigen einen Teil des Zehnten entrichteten. Wald und Weideland waren Gemeinschaftseigentum der Gemeinde, die über deren Nutzung bestimmte. Mühl-, Schank-, Jagd- und Fischereirecht befanden sich ebenfalls im Besitz der Dorfgemeinschaft. Die Bauern besaßen Freizügigkeit, waren also nicht an die Scholle gebunden.
Die Zuckmantler erfreuten sich somit einer Zwischenstellung zwischen den freien und hörigen Bauern Siebenbürgens. Worin bestand dennoch ihre Abhängigkeit? Das Ackerland gehörte dem Grundherren, der es, wie auch sonst auf Adelsboden, den Bauern bloß zur Nutzung überließ. Dafür hatten die untertänigen Bauern dem Edelherren Abgaben von allen ihren Erzeugnissen abzugeben sowie Frontage zu leisten. Die größte Abgabe in Natura bestand in der Lieferung von Wein.
Die Bauern durften aber auch abgabenfreien Grund erwerben und besitzen, was für viele Familien ein starker wirtschaftlicher Rückhalt war. Gerodeter Boden wurde Freiboden, worauf meistens Weinberge angelegt wurden. Es lebten zudem in Zuckmantel und den sächsischen Nachbargemeinden auch Freibauern, die dem Edelherren gegenüber keine Verpflichtungen hatten, dafür aber die landesüblichen Steuern auf ihre Einkünfte zahlten. In Zuckmantel gab es im Jahre 1790 neben etwa 70 untertänigen 14 freie Höfe.
Im 18. Jahrhundert versuchten die Adligen, die Sonderrechte ihrer Untertanen abzuschaffen und die Bauern zu gewöhnlichen Jobagen zu degradieren. Dagegen wehrte sich die bedrohte Bevölkerung, und folgende 13 Gemeinden bildeten eine Kampfgemeinschaft und versuchten vor Gericht und in Bittschriften an alle Instanzen ihren Rechtszustand zu verteidigen: Marienburg, Nadesch, Zuckmantel, Felldorf, Zendersch, Maniersch, Maldorf, Johannisdorf, Reußdorf, Kleinalisch, Kleinlasseln, Rode und Irmesch. Durch das gemeinsame Vorgehen gegen die Grundherren, das 1751 begann, wurden sie als die „dreizehn Gemeinden“ bekannt. Der Streit erstreckte sich über Jahrzehnte, wobei eine Bauerndelegation sogar in Wien bei Kaiser Joseph II. vorstellig wurde, endete aber nach landtäglichem Beschluss 1793 mit der Niederlage der Bauern. Die Grundherren eigneten sich Wälder und Weiden sowie die Freigründe an. Die Bauern behielten bloß das Abholzungsrecht in den Wäldern. Die Freibauern verloren ihren Grund, ebenso die untertänigen Bauern ihren unbelasteten Freiboden und mussten dafür künftig auch Abgaben und Robott leisten. Für Rodungsländer wurde nur sieben Jahre Abgabenfreiheit gewährt. Die Betroffenen reichten neue Klagen gegen die Neuverteilung der Besitzrechte ein und übergaben dem Gubernium, dem Landtag und den Komitatsbehörden Klage- und Bittschriften. Es wurden daraufhin Unersuchungskommissionen in die Gemeinden entsandt, die Ungerechtigkeiten feststellten und meldeten, ohne dass sich jedoch etwas änderte. Es musste die Revolution von 1848 kommen, um die hörigen Bauern zu befreien.
Die Urbarialgesetze von 1848 und 1854 zur Regelung des adligen und bäuerlichen Besitzanteiles an der Gemeindeflur bestätigten dennoch den vorher vollzogenen Bodenraub. Ein Großteil das Bodens, vor allem Wälder aber auch Ackerland und Weinberge verblieben im Besitz der Adligen. In Zuckmantel waren elf Edelherrn begütert. Sie besaßen nach einer Erhebung aus dem Jahre 1876 zusammen 1056 Joch, während die Bauern nur 1915 Joch im Besitz hatten. Die Adligen boten ihre Anteile zum Verkauf an, und diese sind in den folgenden Jahrzehnten von den Bauern erworben worden. Am Kauf beteiligten sich auch rumänische Bauern, die sich in der ehemals rein sächsischen Gemeinde niedergelassen hatten. Im Jahre 1857 zählte Zuckmantel bei einer Gesamteinwohnerzahl von 846 neben 546 Sachsen, bereits 243 Rumänen, 11 Ungarn und 46 Zigeuner.
Es wurden von den seit 1848 freien Bauern große wirtschaftliche Anstrengungen gefordert, um adlige Bodenanteile kaufen zu können und ihrem Dorf samt Häusern ein anderes Aussehen zu geben. Bischof Georg Daniel Deutsch, der während einer Kirchenvisitation im Juli 1884 Zuckmantel und die Nachbargemeinden besuchte, stellte in seinem Bericht mit Genugtuung unter anderem fest: „Auf dem früheren Adelsboden tritt überall der Segen der neuen ´Freiheit´ sichtbar hervor; wo früher Stroh- und Holzhütten waren, stehen jetzt schmucke Steinhäuser, eine Freude fürs Auge; man braucht nur nach Peschendorf, Zendersch, Manyersch, Zuckmantel zu gehen, um am Dorf und seinen Bewohnern sich zu erquicken.“ Er vermerkt ferner, dass Zuckmantel seit 1870 eine neue, von ihm eingeweihte Kirche besaß und zeigte sich erfreut beim Anblick der Bruder- und Schwesternschaft in ihren Kirchentrachten.
Es ging also auch in den ehemaligen Jobagendörfern allmählich aufwärts, obwohl sie gegenüber den Gemeinden des ehemaligen Königsbodens meistens weniger wohlhabend waren. Für die Weinbaugebiete des Kokeltales erfolgte zudem gegen Ende des 19. Jahrhundert ein schwerer wirtschaftlicher Schlag, da die Reblaus (Phyloxera) die Weinreben vernichtete. Zahlreiche Sachsen wanderten damals nach Amerika aus. Einige kehrten mit dem dort verdienten Geld in die Heimat zurück, viele blieben aber für immer weg. Die Weingärten konnten durch neue Anlagen mit Rebsorten auf resistenten amerikanischen Wurzelstöcken bis vor dem Ersten Weltkrieg wieder tragfähig gemacht werden.
Im 20. Jahrhundert befolgte Zuckmantel bis 1944 die allgemeine Entwicklung der siebenbürgisch-sächsischen Gemeinden. Der Herbst 1944 brachte dann einen plötzlichen und unerwarteten historischen Einschnitt. Seit dem Wiener Schiedsspruch von 1940 als Grenzort an der neuen rumänisch-ungarischen Grenze gelegen, wurden die Sachsen aus Zuchmantel im September 1944 von der deutschen Wehrmacht zur Flucht gedrängt. Nur wenige von ihnen sowie Rumänen und Zigeuner blieben zurück.
Das Kriegsende erreichte sie in verschiedenen Auffanglagern Österreichs, Deutschlands und der Tschechoslowakei. Etwas mehr als die Hälfte der Zuckmantler, die sich in den sowjetischen Besatzungszonen befanden, mussten in ihr Heimatdorf zurückkehren, wo ihre Häuser besetzt waren und der Boden enteignet worden war. Allmählich mussten sie sich mit den neuen sozialistischen Verhältnissen abfinden. Gegenüber 1941, als nach der amtlichen Zählung in Zuckmantel 794, nach der kirchlichen Erhebung von 1939 jedoch 940 Sachsen lebten, wurden nach der Flucht im Jahre 1950 bloß 472 gezählt. Ab den 60-er und 70-er Jahren nutzen immer mehr die sich bietenden Chancen zur Familienzusammenführung und Aussiedlung in die Bundesrepublik. Heute leben in Zuckmantel insgesamt 24 Sachsen, einschließlich Kinder aus Mischehen.
Von den im Westen verbliebenen Zuckmantlern wanderte ein Teil nach Kanada und in die USA aus. Somit leben die einstigen sächsischen Bewohner der Zwischenkokelgemeinde heute verstreut in mehreren Ländern und Orten, die meisten davon in Nürnberg-Eibach. Darüber findet man im Mitteilungsblatt der 5. Zuckmantler Nachbarschaft bzw. Heimatortsgemeinschaft zahlreiche Beiträge. Das Mitteilungsblatt erscheint seit 18 Jahren und seit geraumer Zeit in einem Umfang von etwa 40 Seiten auf Hochglanzpapier im DIN A 4-Format unter der Redaktion von Helmut Müller, der zugleich Vorsitzender der HOG ist.
Die Zuckmantler HOG entfaltet ein äußerst rege Tätigkeit. Im Mitteilungsblatt von 1999 präsentiert H. Müller eine stolze Bilanz: Die im Jahr 1982 gegründete HOG bildet heute über Grenzen hinweg eine gefestigte Gemeinschaft. Seit 1982 fanden sechs Heimattreffen statt, in Nürnberg-Eibach wird jedes Jahr eine Adventsfeier sowie der Peter-und-Paulstag veranstaltet, seit 1996 beteiligen sich die Zuckmantler am Eibacher Kirchweihfest, die Trachtengruppe wirkt seit 1998 am Trachtenumzug des Heimattag in Dinkelsbühl mit. Im Bereich der humanitären Hilfe wurden Lebensmittelsendungen und Geldspenden nach Rumänien versandt, in Zuckmantel wurde der Friedhof mit einer Betonumfriedung versehen und die Kirche einer gründlichen Reparatur unterzogen.
von Michael Kroner